Es sei ein
"ausgesprochen tragisches Vorkommnis" gewesen, sagte Amtsgerichtsdirektor
Christoph Berner. Mit diesen Worten fasste er das Geschehen zusammen, das
sich in der Nacht vom 15. auf 16. August 2011 ereignet hat. Um 4.50 Uhr war
es da auf der Bundesstraße 289 zwischen Untersteinach und Kulmbach zu einem
Verkehrsunfall gekommen, bei dem ein junger Mann aus Kulmbach sein Leben
verlor.
Nur 100 Kilometer Fahrpraxis
Gestern musste sich das Jugendschöffengericht mit dem Unfall befassen. Der
zur Tatzeit 18-jährige Fahrer musste sich wegen fahrlässigen Tötung,
fahrlässiger Körperverletzung und Straßenverkehrsgefährdung verantworten.
Der heute 20-Jährige hatte auf einer Party in Untersteinach mit Freunden
zwei Geburtstage gefeiert und dabei erheblich Alkohol konsumiert. Der
Angeklagte war mit dem Auto seines Vaters nach Untersteinach gekommen. Die
Fahrerlaubnis besaß er gerade mal zwei Wochen, hatte seitdem nur etwa 100
Kilometer Fahrpraxis gesammelt.
Wodka und zwei Bier
Wie der junge Mann gestern vor Gericht glaubhaft schilderte, wollte er in de
Haus übernachten, in dem die Party stattfand. Deshalb habe er auch kräftig
mit getrunken. Einen Liter Wodka Energie und zwei Bier will er ab
Mitternacht bis zum Ende der Feier intus gehabt haben. Dann sei es aber um
die Frage gegangen, wer wie nach Hause kommt. In Untersteinach hätten nicht
alle übernachten können. Vor dem Wohnhaus sei es zu längeren Diskussionen
gekommen. Es habe zwei Lager gegeben. Die einen hätten der "Es wird schon
nichts passieren"-Fraktion angehört. Die, die bei Vernunft geblieben sind,
hätten sich nicht durchsetzen können.
Er fühlt sich noch fahrtauglich
Der 18-Jährige fühlte sich nach eigenen Angaben noch fahrtauglich. Er setzte
sich ans Steuer des zwölf Jahre alten Opel Astras. Drei Freunde stiegen mit
in den Wagen ein: Ein Mädchen nahm auf dem Beifahrersitz Platz, zwei Jungs
saßen im Fond des Wagens. Zwischen Untersteinach und Kulmbach geriet der
Opel rechts aufs Bankett. Der Fahranfänger erschrak und lenkte gegen.
Dadurch schleuderte das Auto nach links und kam von der Fahrbahn ab. Der
Opel überschlug sich. Die beiden Insassen auf dem Rücksitz wurden durch die
Heckklappe heraus geschleudert. Während einer der beiden jungen Männer Glück
hatte und in Büschen landete, knallte der beste Freund des Fahrers auf den
Bahnkörper und zog sich dabei tödliche Kopfverletzungen zu.
Jede Hilfe kam zu spät
Der Fahrer und seine Beifahrerin kamen relativ glimpflich davon. Beide
konnten den Wagen ohne fremde Hilfe verlassen. Sie fanden gleich den leicht
verletzten Mitfahrer und schließlich den reglosen Körper des zweiten jungen
Mannes. Diesen hoben sie von den Gleisen und verständigten den Notruf. Die
Verletzten wurden ins Klinikum Kulmbach eingeliefert - für den besten Freund
des Unfallfahrers kam jede Hilfe zu spät.
Wie in der Gerichtsverhandlung mitgeteilt wurde, stand der Unfallverursacher
bei der Fahrt erheblich unter Alkoholeinfluss. Eine Blutentnahme hatte einen
Wert von 1,32 Promille ergeben.
Es bestand Suizidgefahr
Die Eltern des tödlich verunglückten Jungen waren wie der Vater des
Unfallfahrers gestern Zeugen des Prozesses. Die Eltern waren und sind auch
heute noch befreundet. Vater und Mutter des Getöteten machen dem Angeklagten
keine Vorwürfe. Der 20-Jährige, das wurde in der Verhandlung deutlich, hat
mit dem von ihm verschuldeten Tod seines Freundes arg zu kämpfen. Er war für
zwei Monate wegen Suizidgefahr in einer Spezialklinik in Behandlung,
absolviert heute eine Lehre und ist auch in seiner Freizeit aktiv. Das
Gericht stellte ihm eine positive Zukunftsprognose aus.
Da der 20-Jährige ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, wurde auf die
Vernehmung aller geladenen Zeugen verzichtet. Die Fahrzeuginsassen, die
verletzt wurden, haben keinen Strafantrag wegen Körperverletzung gestellt.
Lediglich Sachverständiger Stefan Luther wurde als Zeuge gehört. Er
bestätigte den vom Beschuldigten geschilderten Unfallhergang. Der
Sachverständige ist davon überzeugt, dass beide Insassen, die im Opel hinten
saßen, angegurtet waren. Durch die Rotation des Fahrzeugs und den Aufprall
sei die hintere Sitzlehne abgeknickt worden. Beide Männer wurden laut Luther
durch die Heckklappe unter dem Gurt aus dem Wagen geschleudert.
Da der Angeklagte zur Unfallzeit 18 Jahre alt war, musste das Gericht
entscheiden, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht anzuwenden ist. Der
Vertreter der Jugendgerichtshilfe sprach sich für die Anwendung des
Jugendstrafrechts aus.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft
Staatsanwältin Sybille Zwanzger beantragte eine Freiheitsstrafe von einem
Jahr und drei Monaten, die ausnahmsweise auf Bewährung hrige muss zudem 1000
Euro Geldstrafe zugunsten der Geschwister-Gummi-Stiftung zahlen. Der
vorsitzende Richter sprach von einem ausgesprochen tragischen Ereignis, das
ein Lehrbuchbeispiel dafür sei, was unter unglücklichsten Umständen alles
passieren könne. Alle Beteiligten verzichteten auf Rechtsmittel - das Urteil
ist somit rechtskräftig.
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