Verwundert haben sich einige Autofahrer die Augen gerieben, die am
Freitagabend auf der Bundesstraße 289 durch Untersteinach gefahren sind.
Denn mitten im Ort, direkt neben dem Dorfbrunnen, stand ein fast 40 Jahre
alter Tappert-Wohnwagen. Mit einer Schnur und einer Glocke war dieser am 19
Meter langen Maibaum befestigt, der in Untersteinach am Samstag aufgestellt
worden ist.
Die Ludwigschorgaster Diebe
Hinter der ungewöhnlichen Aktion standen sechs ältere Damen des
Awo-Seniorenclubs. Die hatten mitbekommen, dass der Maibaum vor zwei Jahren
von jungen Leuten aus Ludwigschorgast gestohlen worden war. "Uns wäre das
nicht passiert", sagten sich Christa Müller, Leni Biener, Marianne
Schneider, Erika Körber, Edda Friedrich und Johanna Müller, die beim
Kaffeetrinken beschlossen haben, den Maibaum 2013 selbst zu bewachen. Die
Feuerwehr hat das Angebot dankend angenommen, und so machten die Damen ihr
Versprechen jetzt wahr.
Christa Müller, Leni Biener, Marianne Schneider, Erika Körber, Edda
Friedrich und die 83-jährige Johanna Müller, die kurzerhand zur
Einsatzleiterin bestellt worden ist, lehnten das Angebot der Wehr, die für
sie Liegen aufstellen wollte, dankend ab. Sie wollten während der Wache, die
von 19 Uhr bis am Samstag um 7 Uhr ging, im Wohnwagen übernachten.
Die Nacht im Wohnwagen
"Derjenige, der mit uns fertig werden will, der muss erst noch geboren
werden", sprach Marianne Schneider über die Stärke des Frauen-Sextetts, das
mit den wichtigsten Utensilien - Taschenlampe, Hustenbonbon und der
erforderlichen Kleidung - in den Wohnwagen einzog. Limo, Bier, Sekt und
Kräuterschnaps stellte die Wehr den Damen zur Verfügung, Heidemarie Geyer,
die Mutter des stellvertretenden Vorsitzenden Andreas Geyer, reichte
Brötchen zur Wohnwagen-Tür herein.
Geschlafen hat in der Nacht niemand. "Wir haben kein Auge zugemacht. Alle
waren hellwach. Gegen halb drei Uhr ist eine zehn Mann starke Truppe
schnurstracks auf den Baum zugesteuert", sagte am Samstag Christa Müller. Es
seien keine Diebe gewesen. "Es waren nur die Jungfeuerwehrler, die nach dem
Rechten sehen wollten."
Frühstück als Dankeschön
Und so konnten die Mitglieder des Awo-Seniorenclubs diesmal durch ihre
spektakuläre Aktion verhindern, dass der Untersteinacher Maibaum in fremde
Hände gelangt ist. Vor dem Ende der Wachaktion wurde von der Wehr zum Dank
noch ein kräftiges Frühstück gereicht.
Die Leiterin des Seniorenclubs, Ingrid Burges, hat beim Einpflanzen der
Geranien von der Aktion ihrer Frauen erfahren. "Das ist toll. Meine Senioren
sitzen nicht nur rum, sondern verteidigen auch Untersteinach", sagte Burges.
Und auch der Vorsitzende der Wehr, Alexander Laaber, war beeindruckt. Seit
Montag sei der Maibaum bewacht worden, sagte Laaber, der den Frauen dafür
dankbar war, dass sie die letzte Schicht in der Nacht zum Samstag übernommen
haben.
Von Werner Oetter |